Haushaltsrede 2022/2023

08.12.22 –

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrter Herr Kämmerer,

sehr geehrte Damen und Herren,

hinter der Kreis- und Hochschulstadt Meschede und hinter uns als Rat liegen zwei Jahre, die geprägt waren einerseits durch die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Maßnahmen und Einschränkungen und andererseits durch den russischen Überfall auf die Ukraine und den darauf folgenden Krieg. Jede und jeder von uns ist von diesen beiden Ereignissen persönlich berührt und getroffen worden, und sie haben auch das politische Handeln in der Kreis- und Hochschulstadt Meschede beeinflusst.

Hier hat sich gezeigt, wie verlässlich die Politik über Parteigrenzen hinaus in Meschede agiert und wie groß die Solidarität, die Hilfsbereitschaft und der Wille zur Verteidigung unserer Demokratie in der Mescheder Bevölkerung sind. Die „Gegenveranstaltung“ zu den unsäglichen „Corona-Spaziergängen“ und das aus dieser Gegenveranstaltung gewachsene „Mescheder Bündnis für Demokratie und Solidarität“ einerseits sowie die zielgerichtete Arbeit der Verwaltung und das große Engagement zahlreicher Ehrenamtlicher für die Geflüchteten, die aus der Ukraine hier bei uns in Meschede angekommen sind, andererseits sind zwei äußerst positive Beispiele, die ich in diesem Zusammenhang gern benennen möchte.

Beim Blick zurück auf die kommunalpolitischen Entscheidungen der letzten 2 Jahre müssen wir allerdings auch feststellen, dass Wichtiges und Notwendiges von Verwaltung und Mehrheitsfraktion nicht in Angriff genommen worden ist. Hier einige Bespiele:

  • Das von den Mitarbeiter*innen der Stadtbibliothek sorgsam und ausführlich erstellte Zukunftskonzept trägt bis heute leider keine Früchte. Es ist nicht einzusehen, dass ein Umzug der Bibliothek und damit eine Umsetzung des Konzeptes daran scheitern, dass keine passenden Räumlichkeiten gefunden werden können. Wir fragen uns wirklich, warum kein Geld für einen Anbau bzw. barrierefreien Umbau einer bestehenden Leerstandsimmobilie bereitgestellt wird.
  • Das mit hohem Aufwand erstellte Konzept einer veränderten Straßenführung in der Innenstadt wird immer weiter verzögert. Expert*innen und engagierte Bürger*innen haben viel Zeit und Arbeit investiert, um konstruktive Vorschläge zu erarbeiten. Die dringend notwendige Diskussion eines besseren Radwegenetzes hätte parallel stattfinden müssen. Eine zielgerichtete Umsetzung der Verkehrswende in unserer Stadt sieht anders aus. Außerdem muss man sich angesichts dieser schleppenden und intransparenten Vorgehensweise fragen, welchen Stellenwert bürgerschaftliches Engagement in Meschede überhaupt hat.
  • Im Bereich der Sportförderung ist der Umbau der Sportanlage am Schederweg ins Stocken geraten, der Umbau des Mescheder Hallen- und Freibads geht nur schleppend voran, und für das Projekt einer neuen Sporthalle in den westlichen Stadtteilen sieht der Haushaltsentwurf lediglich die Beträge vor, die für die weitere Planung benötigt werden – ein Baubeginn ist in den nächsten zwei Jahren offensichtlich nicht geplant.
  • Und es sei auch noch ein Satz gesagt zu dem von der CDU bislang abgelehnten Antrag zur Ist-Analyse der Verpflegungssituation in unseren Schulen und Kitas. Da es immer mehr Familien bei den explodierenden Lebensmittelpreisen zunehmend schwer fällt eine gesunde Ernährung sicherzustellen, ist es absolut nicht banal, die aktuelle Qualität der Verpflegung in Schulen und Kitas zu überprüfen. Natürlich, je nach Ergebnis müssen wir als Rat schauen, auf welchem Weg wir Unterstützung leisten können. Aber die Ablehnung jeglichen Eingehens auf dieses Thema halten wir für nicht zeitgemäß.

Aber das größte Versäumnis der Mescheder Politik in den letzten zwei Jahren ist für uns GRÜNE das Thema Umwelt-, Klima- und Artenschutz. Die Krisen der letzten Zeit, so schwerwiegend sie auch sind, dürfen nicht völlig aus dem Blick geraten lassen, dass uns die größten Krisen noch bevorstehen. Die Auswirkungen der Klimakatastrophe und des Artensterbens werden auch uns in Meschede mit aller Härte treffen – ja, sie treffen uns schon heute.  Dennoch gab es in den letzten zwei Jahren wieder einige Entscheidungen vonseiten der Verwaltung und der CDU, die den Klima-, Umwelt- und Artenschutz behindern, anstatt ihn voranzubringen. Drei Beispiele seien hier genannt.

  • Erstens: Dass wertvolle Gewerbeflächen für riesige PKW-Parkplätze verschwendet werden, sollte endgültig der Vergangenheit angehören. Ein auf Arbeitszeiten abgestimmter ÖPNV sowie mehrgeschossige Parkhäuser mit Ladesäulen und PV-Anlagen auf dem Dach sollten zukünftig Standard sein.
  • Oder, zweitens, nehmen wir den Bebauungsplan für das Neubaugebiet in Remblinghausen: Als müsste der Schutz der Umwelt irgendwo stattfinden, nur nicht hier vor Ort, erlaubt der Plan im gesamten Baugebiet 200qm Steingärten anzulegen, und was noch eklatanter ist, hier wird ein zeitlich befristetes Schlupfloch genutzt um notwendige Ausgleichsmaßnahmen zu umgehen.
  • Und drittens: Unser Antrag auf Einrichtung eines Arbeitskreises „Energie“ wurde bislang abgelehnt, obwohl sich hier eine wertvolle Gelegenheit ergeben würde, den Energieverbrauch in der gesamten Stadt in Zusammenarbeit zwischen Politik und Verwaltung zu optimieren und auch die Bürger*innen beim Energiesparen zu unterstützen.

Echtes klimapolitisch verantwortliches Handeln würde Meschede gut stehen. Im Gegensatz zu den genannten Negativbeispielen könnte sich dies beispielsweise zeigen in:

  • einer zunehmend regionaleren Energieversorgung, von der Bürger*innen und heimische Unternehmen auch finanziell profitieren.
  • Bürgerwindparks auf städtischen Flächen. (Der letzte Antrag der CDU-Fraktion hierzu lässt hoffen.)
  • PV-Anlagen auf allen geeigneten Dachflächen - warum nicht hier mal Vorreiter sein und den Ausbau auch mit finanziellen Anreizen fördern?  
  • eine Innenstadt, in der entsiegelte Flächen und neu gepflanzte Bäume und Sträucher, integrative Spielplätze, kleine lokale Handels- und Gastronomieunternehmen, sowie barrierefreie kulturelle Angebote zum Verweilen einladen.
  • Wohnraum, der klimaneutral, bezahlbar und nachhaltig an die Infrastruktur der Innenstadt angebunden ist.
  • Gewerbegebiete, in denen Energie intelligent gewonnen und genutzt wird, bei deren Errichtung darauf geachtet wird, so wenig Fläche wie möglich zu versiegeln, und in denen innovative Start-Ups aus dem Bereich Nachhaltigkeit ein Zuhause finden.
  • ein Verkehrskonzept, das ÖPNV, Radverkehr, Individualverkehr und die Bedürfnisse der Fußgänger*innen clever miteinander verzahnt und Menschen und Umwelt durch Tempo 30 in der Innenstadt schützt.
  • sichere, gut ausgebaute Radwege, die allen Einwohner*innen einfachen Zugang zur Nahversorgung, z.B. zum Lebensmitteleinzelhandel im Schwarzen Bruch, ermöglichen, und dabei auch für Lastenräder und Fahrradanhänger gut befahrbar sind.
  • eine flächendeckende Ladeinfrastruktur für E-Autos.

Diese und weitere Maßnahmen, sowie eine enge Verzahnung von Politik, Verwaltung und ehrenamtlichem Engagement insbesondere bezogen auf Fragen von Nachhaltigkeit, Klima- und Naturschutz schaffen Wohn- und Lebensqualität und steigern die Attraktivität unserer Stadt, nicht nur für die benötigten Fachkräfte. Der demographischen Entwicklung wäre damit ebenfalls gedient.

Darum legen wir Ihnen heute zwei Anträge auf wichtige Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakrise vor: den Antrag auf Einrichtung einer Stelle für eine Klimaschutzmanager*in sowie den Antrag auf Einrichtung eines städtischen Fördertopfs für den Ausbau von Solaranlagen.

Die Klimaschutzmanager*in hat in erster Linie die Aufgabe, Verwaltung und Politik dabei zu unterstützen kontinuierlich im Sinne des Klimaschutzes zu arbeiten. Sie behält die Aufgaben aus dem Klimaschutzkonzept im Blick, entwickelt eigene Maßnahmen zum Klimaschutz, berät die Fachbereiche und vernetzt Verwaltung und Politik mit ehrenamtlichen Initiativen und Unternehmen, die etwas für den Klimaschutz tun wollen. Bei ihr laufen alle Planungen für ein nachhaltiges Meschede zusammen. 

Die Einrichtung eines Fördertopfes für Solaranlagen zielt darauf ab, die Mescheder Bürger*innen bei der Gewinnung und Nutzung von erneuerbaren Energie zu unterstützen. Dadurch erhöht sich nicht nur der Anteil regenerativer Energien, die in Meschede genutzt werden, sondern die Bürger*innen werden durch die eingesparten Energiekosten auch langfristig finanziell entlastet.

Eng mit dem Thema Klima-, Umwelt- und Artenschutz verbunden ist auch unser Antrag auf Besetzung des Produktbereichs 14 (Umweltschutz) im Haushalt. Nicht alle Umweltschutzaufgaben sind Sache des Kreises, wie man der Lektüre der Haushaltsentwürfe anderer kreisangehöriger Städte leicht entnehmen kann, und den kompletten Produktbereich leer zu lassen, zeigt uns einmal mehr, dass Klima-, Umwelt- und Artenschutz für Verwaltung und CDU von untergeordneter Bedeutung sind. Das muss sich schleunigst ändern, und diese Veränderung sollte sich auch im Haushalt widerspiegeln.

… und wo wir gerade beim Haushalt sind, hätten wir noch einige allgemeine Anmerkungen:

  • Die hohe Inflation des letzten Jahres und der kommenden Jahre wird unseres Erachtens im Haushaltsentwurf nicht ausreichend berücksichtigt. Vor allem die Personalkosten scheinen uns im Hinblick auf die Tarifabschlüsse der letzten Wochen unverhältnismäßig niedrig angesetzt.
  • Die Quote der umgesetzten Investitionen ist erschreckend niedrig und dafür ist die Höhe der Ermächtigungsübertragungen in den letzten Jahren regelmäßig viel zu hoch. Hier wird dem Rat die Entscheidungshoheit über die Priorität einzelner Investitionen genommen.

An diesen beiden Stellen gibt es aus unserer Sicht deutlichen Nachbesserungsbedarf im vorliegenden Haushaltsentwurf.

Sehr geehrter Herr Bartholme, sie haben den Haushaltsentwurf unter dem Leitsatz der Generationengerechtigkeit aufgestellt. Diese gilt jedoch nicht nur im Bezug auf die Steuerbelastung, sondern auch im Bezug auf den Klimaschutz. So wie wir den kommenden Generationen möglichst wenig finanzielle Schulden aufbürden sollten, sollten wir ihnen ebenso wenig die Kosten unserer Versäumnisse in der Umwelt- und Klimapolitik zumuten.

Der Haushaltsentwurf 2023/2024 liest sich, als hätten wir noch jede Menge Zeit für Klima-, Umwelt- und Artenschutz – doch die Zeit für klimapolitisch verantwortliches Handeln ist nicht morgen, nicht „im nächsten Haushalt“, nicht „nach der Kommunalwahl“ – sie ist jetzt.

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.

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