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Haushaltsrede 2024

05.12.24 –

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrter Herr Bartholme,
meine Damen und Herren,

Die Erdatmosphäre wird heißer. Das soziale Klima in unserem Land wird kälter. So lassen sich die letzten zwei Jahre stark verkürzt und plakativ zusammenfassen.

2023 war, bezogen auf die globale Durchschnittstemperatur, das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. 2024 schickt sich an, diesen Rekord direkt wieder zu brechen. Im Oktober dieses Jahres wurde erstmals ein Anstieg der Durchschnittstemperatur um mehr als 1,5 Grad gegenüber dem Vergleichszeitraum bis 1990 gemessen. Wir sind auf dem besten Weg, die Ziele des Pariser Klimaabkommens krachend zu verfehlen. Und die katastrophalen Folgen dieser Entwicklung beginnen bereits jetzt, wie man zum Beispiel an den Überschwemmungen in Spanien in diesem Herbst sehen kann.

Doch anstatt das Gebot der Stunde zu verstehen und endlich mit effektivem Klimaschutz zu beginnen, wollen immer größer werdende Teile von Politik und Gesellschaft in diesem Land den Herausforderungen, vor denen wir stehen, lieber mit populistischer Rhetorik begegnen. Als ob die schärfere Sanktionierung von „Totalverweigerern“ im Bürgergeldbezug (die übrigens einen verschwindend geringen Teil der Leistungsbeziehenden ausmachen) oder striktere Abschieberegeln die heimische Wirtschaft stärken oder uns für die anstehenden notwendigen Transformationen in Sachen Klima-, Umwelt- und Artenschutz fit machen würden. Die Bedürfnisse verschiedener marginalisierter Gruppen gegeneinander auszuspielen und armutsbetroffene Menschen oder Menschen mit Migrationshintergrund als „faul“ oder „kriminell“ abzustempeln, scheint inzwischen Mainstream zu sein. Denn von solcher Rhetorik können sich auch einige der demokratischen Parteien im Bundestag nicht freisprechen.

Was hat dieser auf die großen Zusammenhänge bezogene Befund nun mit dem Haushalt der Kreis- und Hochschulstadt Meschede zu tun?

Eine ganze Menge.

Zum Einen liest sich der Haushalt nach wie vor seltsam „klimavergessen“. Produktbereich 14, Umweltschutz, bleibt wieder einmal unbesetzt. Dabei haben wir bereits vor zwei Jahren darauf hingewiesen, dass es zahlreiche andere kreisangehörige Städte in NRW gibt, die eigenverantwortlich Umweltschutzaufgaben wahrnehmen und finanzieren, und die Verantwortung nicht allein beim Kreis belassen. In den anderen Produktbereichen finden sich, abgesehen von den begrüßenswerten Investitionen in die Fahrradinfrastruktur, ebenso wenig Planungen für Klimaresilienz oder echten Umwelt- und Artenschutz vor Ort. Und obwohl wir uns sehr freuen, dass unser Herzensthema Bürger*innenwindkraft planerisch so langsam Gestalt annimmt, wäre es doch zu begrüßen gewesen, wenn dieses auch im Haushalt abgebildet würde.

Zum Anderen unterbleiben wichtige Investitionen in Projekte, die gesellschaftlichen Zusammenhalt und Gerechtigkeit in unserer Stadt fördern. Ich sage nur: Erweiterung der Stadtbücherei! Sanierung des Sportplatzes am Schederweg! Das ist nicht nur schade, das ist wirklich eine verpasste Chance für die Zivilgesellschaft. Denn nichtkommerzielle dritte Orte wie die Bücherei und eine funktionierende Sportförderung tragen zum Austausch zwischen Menschen bei und wirken so aktiv demokratiefördernd. Wir können es uns nicht leisten, diese Orte marode werden zu lassen.

Andererseits gibt es Investitionen im Haushalt, bei denen aus unserer Sicht zu viel Geld ausgegeben wird oder auch Möglichkeiten übergangen werden, Einkünfte für die Stadt zu generieren. Brauchen wir - bei der verhältnismäßig geringen Auslastung mit städtischen Veranstaltungen - wirklich eine Stadthalle, die uns eine halbe Million Euro pro Haushaltsjahr kostet? Wäre es nicht möglich, hier kostensparende Alternativen zu entwickeln? Und wie viel Verlust macht die Stadt pro nicht installierter PV-Anlage auf städtischen Gebäuden, wenn demnächst möglicherweise die Einspeisevergütung ausläuft? Diese und weitere Beispiele zeigen aus unserer Sicht, dass mehr Geld für Klimaschutz und soziale Belange zur Verfügung stehen könnte, wenn an anderen Stellen anders priorisiert würde.

Meine Damen und Herren, beim Lesen des Haushaltsentwurfs bin ich noch einmal über die Ziele der Stadtstrategie 2025 gestolpert. Manche davon lesen sich aus heutiger Perspektive etwas unkonkret, aber eigentlich bieten uns diese Ziele gute Leitplanken auf dem Weg zu mehr Klimaschutz und Klimaresilienz, und auch zu mehr Miteinander und sozialer Gerechtigkeit in unserer Stadt.

Da steht zum Beispiel: Meschede soll robust gegenüber Klimafolgen werden. Die Energieerzeugung und -versorgung wird nachhaltig weiterentwickelt. Es gibt nachhaltige und verknüpfte Mobilitätsoptionen. Aber auch: Es gibt vielfältige Bildungsangebote. Die Ortsmitten haben eine hohe Aufenthaltsqualität. Die soziale Infrastruktur wird bedarfsgerecht weiterentwickelt.

Hier lassen sich unsere beiden Anträge zu Maßnahmen der Klimaanpassung und zur kostenlosen Bereitstellung von Hygieneprodukten gut anknüpfen.

Klimaanpassung, wie wir sie fordern, sorgt nämlich nicht nur dafür, dass der Innenstadtbereich sich im Sommer nicht so stark aufheizt (was für sich genommen schon ein Riesenvorteil wäre). Durch gezielte Verschattung der Bereiche, an denen Kinder spielen und sich also Familien treffen, werden langfristig weitere kostenlose „dritte Orte“ geschaffen, an denen sich Menschen aus und in Meschede begegnen können. Diesen Sommer haben wir kaum Kinder am Stadtstrand auf dem Von- Stephan-Platz spielen sehen - meiner Tochter war es dort auch zu heiß. Dies wird sich aber hoffentlich in Zukunft ändern. Zusätzliche Wasserspender sorgen zudem dafür, dass Mensch und Tier sich auch an warmen Tagen länger draußen aufhalten können: Gut für die mentale Gesundheit, gut für die Gemeinschaft, gut für den Einzelhandel ;-). Und eine gezielte Begrünung der Innenstadt senkt nicht nur die Temperatur, sondern hebt auch die Stimmung. Kurzum: Maßnahmen der Klimaanpassung fördern „ganz nebenbei“ auch die Aufenthaltsqualität in unserer Stadt.

Und auch die Bereitstellung kostenloser Hygieneprodukte kann - über die konkrete Verbesserung der Situation betroffener Mädchen und Frauen hinaus - weitere positive Effekte erzielen. Studien zeigen, dass Personen, die sich nur unzureichend Hygieneprodukte leisten können, während ihrer Menstruation nur eingeschränkt am öffentlichen Leben teilnehmen, und z.B. in der Schule oder beim Sport fehlen. Hier Auswege und Hilfe zu bieten führt also hoffentlich langfristig dazu, die Zivilgesellschaft als Ganzes zu stärken - ein nicht zu unterschätzender Vorteil in Zeiten wie diesen.

Wir werden die Herausforderungen des überhitzten Klimas und der sozialen Kälte, vor denen wir deutschlandweit, ja weltweit stehen, nicht in Meschede lösen. Das ist uns allen klar. Aber wir können auch hier vor Ort notwendige Schritte gehen, statt nur zu zögern, zu bremsen und den bequemen Weg zu wählen.

Dazu brauchen wir allerdings den Mut, in diesen herausfordernden Zeiten die richtigen Prioritäten zu setzen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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